Page 7 - Kerbeheft der Bessunger Jubiläumskerb 2013
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wurde die Kerb immer um den 21. September herum gefei- ert. Im „Hessischen Volksfreund“ wird am 4. Oktober 1922 wird wie folgt ausgeführt: „Eine Abendwanderung durch die Goethestraße machte uns mit einem sonderbaren, in unsere moderne Zeit durchaus nicht mehr passenden Volks- gebrauch bekannt. Wie in den Zeiten des Militärstaats am Schluss der Herbstübungen die Zeremonie des Löffelbegra- bens üblich war, bewegte sich aus eine Wirtschaft ein Zug der „Herren“, den
eigene Kirchweihfeste zu veranstalten“. Nach einer Pause von zehn Jahren wurde die Kerb 1933 wieder belebt mit einem Festzug (... ging „ein Mann mit phantastischem Anzug langsamen, abgemessenen Schrittes voraus und trug auf hohem Stabe ein Nest. Daraus lugte über das erstaunte Publikum hinweg – ein atmender Lapping!“). Auch die Nachkerb wurde damals gefeiert. Zu den Gebräuchen in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg gehörten der Fackel-
zug der Kerwebur- schen, das Ausgra- ben des „Bessunger Lapping“ (statt His- sen des Kerwekran- zes), der Kerwefest- zug, wobei der Ker- wevater hoch zu Ross saß, und Tanz in allen Bessunger Gaststätten. Nach Kriegsende und 10- jähriger Unterbre- chung lebte die Tra- dition mit der ers- ten Bessunger Kerb 1948 wieder auf, initiiert von den Stammtischen „Alte Bessunger“ und
„Junge Bessunger“, nachhaltig unterstützt von Pfarrer Willy Redhardt, Petrusgemeinde, der auch das über viele Kerbe- jahre stehende Motto „Fröhlich, aber sauber“ prägte.
Bessunger Kerb nach 1945
Die Bessunger Kerb war auf das Wochenende vor der Darm- städter Herbstmess festgelegt. Dadurch kam es zu Termin- konflikten mit der „Darmstädter Bombennacht“ vom 11. September 1944. Die erste Kerb nach dem 2. Weltkrieg in Bessungen fand deshalb erst am Sonntag, dem 12. Septem- ber 1948 mit „Beginn 3 Uhr nachmittags“ statt. Die Bes- sunger regelten dieses Terminproblem dadurch, dass als Ter-
Zylinderhut auf
dem Kopf, um die
Kerb zu begraben
... Und weiter: ...,
dass Leute, die be-
ständig über die
schlechten Zeiten
und hohen Steuern
klagen und über die
Regierung zu
schimpfen nicht
müde werden, Geld
haben, tagelang in
Wirtshäusern zu sit-
zen, während arme
Leute von der Bahn
her schwere Säcke
mit Winterkartof-
feln schleppen müs-
sen, wird dort eine feste Tragbahre zu zynischer Verhöh- nung Leidtragender mißbraucht.“ Die „ungesunde Zeit, die die Menschen körperlich und seelisch ruinierte“ (Inflation), warf auch über das fröhliche Treiben der Bessunger Kerb ihre Schatten. Die Abende endeten mit wüsten Schlägereien und die Polizei hatte mit Beschwerden reichlich zu tun. So kam es, dass Ende Juli 1923 die Bessunger Kirchweih ver- boten wurde mit der Begründung: „Wenn die Bevölkerung nicht das Verständnis für die Schwierigkeiten der Zeit auf- bringe, so sollten ihr wenigstens alle Möglichkeiten zu Aus- schreitungen gesperrt werden. Außerdem besteht seit der Eingemeindung kein innerer Grund mehr für Bessungen,
Die drei, die sich bestens verstehen, bringen 41 Kerbevadder-Jahre zusammen! Von links: Charly (18), Roland (12) und Ralf, mittlerweile seit elf Jahren.
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