Page 5 - Kerbeheft der Bessunger Jubiläumskerb 2013
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Geschichte der Bessunger Kerb Von Roland Dotzert
Mit der Schenkung des Reichsforstes Forehahi (Föhrenwald) von Kaiser Heinrich II. an den Bischof Burchard von Worms am 10. Juni 1002 wird auch die Pfarrkirche erwähnt. Kirchweihe dürfte also schon seit dieser Zeit, wie auch in den anderen Gemeinden, im Oktober im Zusammenhang mit dem Erntedankfest gefeiert worden sein. Interessant ist, dass um 1835 die Ständekammer im Hessi- schen Landtag damit auseinandersetzte, sämtliche Kirchweihen im Großherzogtum auf einen Tag zu halten. Der eine Abgeordnete ging davon aus, dass dies die Moralität mehr fördere, wenn die Leute nicht zu viel Anlass zum Kneipen und Tanzen hätten. Ein anderer meinte, der Geldbeutel würde mehr geschont, wenn man nicht alle acht Tage von einem Lockvogel aus „Hübderbach“ und „Drübder- bach“ gekirrt würde. Es dauerte drei Tage, bis alle Herren ihre pro und contra zu Tag gebracht hatten. Die Sache wäre wahrscheinlich zu keinem Schluss gekommen, wenn nicht der alte Zulauf aus Eudorf bei Alsfeld aufgestanden wäre und folgende Rede gehalten hätte: „Meine Herren, es ist alles recht scheen und gut, was sie gesagt hawe, besonnersch von wege de Moralidet und dem Geld- beutel. Aber ich glaube doch, Sie hawe die Hauptsach derbei ver- gesse. Drum frag ich Ihne nur einfach: wann Se die Kirwe all uff ein Dag verlege dehte, wo wolle Se dann die viele Musikante herkrieje, die mer zu dem Danze braucht?“ Das schien einleuchtend!
Wie dem auch sei. Das wichtigste Festereignis in Bessungen war seit dem späten 19. Jahrhundert die Feier der Kerb, des Erinnerungs- festes an den Tag der Kirchenweihe. Ihren Charakter als Gemeinde- fest bezog die Kerb eher von der Tradition der Erntefeste. Deshalb wurde und wird sie fast überall im Herbst gefeiert, in Bessungen, 1858 so festgelegt, ursprünglich um den Gallustag, dem 16. Okto- ber (zu Ehren des irischen Mönches Gallus der 612/613 in einer Ein- öde die Galluszelle gründete, aus der sich die Stadt St. Gallen und die gleichnamige Abtei entwickelten. Bauernregel: „Wenn am Gal- lus Regen fällt, er bis Weihnachten anhält. Ist an Gallus aber tro- cken, folgt ein Sommer nasser Socken“). Anlässlich der Einweihung der Bessunger Kirche am 21. September 1884 bat man um eine Vor- verlegung des Termins der Kerb auf eben diesen Tag, was auch durch den Gemeinderat am 24.9.1884 beschlossen wurde. Seitdem
Heiner Aßmuth, 12 Jahre Kerbevadder
Willi Sehnert, fünf Jahre Kerbevadder
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