Page 10 - Bessunger Kerbeheft 2015
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Da, wo der Watz kreischt!
Martinsviertel feiert – seit 425 Jahren Stadtteil der Heinerstadt
„Am Fuße der Künstlerkolonie“, wie Willi Lotz – das Mar- tinsviertel-Urgestein – zu sagen pflegt, war feiern angesagt. 425 Jahre gibt es mittlerweile dieses schnuckelige Wohn- quartier in der Nordoststadt und die Altvorderen dort kön- nen eine Menge Geschichten und Geschichtchen darüber erzählen. Und gerne klären sie jeden Unwissenden darüber auf, warum im allgemeinen Sprachgebrauch jeder Kenner vom „Watze“- und nicht vom „Martinsviertel“ spricht.
Zur Konkretisierung: Das
Quartier war in der Zeit
seiner Gründung im
Jahre 1590 außerhalb
der Stadtmauern Darm-
stadts eine bäuerliche
Ansiedlung, in der man
Schweine hielt – und aus
Gründen der Vermeh-
rung derselben natürlich
über einen (sehr wahr-
scheinlich sogar meh-
rere) sogenannten Fasel-
stall verfügte, in dem der
Deck-Eber (der „Watz“)
gehalten wurde. Und so
ist – ähnlich wie in Bes-
sungen der Lapping –
der Namensgeber des
Martinsviertels tierischer
Herkunft. Noch heute steht übrigens im alten Teil der Arheilger Straße in einem Hof ein erhalten gebliebener Faselstall (allerdings ohne Watz).
Die Keimzelle dieses Viertels war um den Kantplatz und
seit rund 120 Jahren ist die TU Teil dieses Wohngebiets. Noch heute ist dort ein Großteil der historischen Bau- substanz erhalten, denn, im Gegensatz zur Innenstadt, blieb das Martinsviertel weitestgehend von den Zerstörungen im
Zweiten Weltkrieg verschont, obschon einige Verluste zu beklagen waren.
Unter den vielen Vereinen, die sich im Martinsviertel hei- misch fühlen, hat sich einer besonders hervorgetan, näm- lich der im Jahre 1894 gegründete Bezirksverein Martins- viertel (BVM). Über viele Jahrzehnte kümmerte sich dieser Verein ehrenamtlich um die Belange der Bürger, bis im Jahre 1935 die Vereinsarbeit zum Erliegen kam. Die Nazis
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1988 opferte Rudi Winkler seinen Schlips – und Heinz Reinhard schmunzelt!
hatten in dieser Zeit nicht nur die Sportver- eine gleichgeschaltet, sondern auch die Bezirksvereine (jeder Stadtteil verfügte über einen solchen) aufgelöst. Doch schon sieben Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Vereinsleben wieder ins Leben geru- fen.
Die Martinskirche war gerade wieder aufge- baut und die erste Kerb war gefeiert, da ergriff der unvergessene „Hahne-Schorsch“ (noch heute erinnert ein Platz 27 Herren im feinsten
an ihn) die Initiative, versammelte
Zwirn um sich, und gründete den BVM am 21. März 1952 erneut.
Dass der „Boijemaaster des Watzeverdels“, obwohl schon 70-jährig, auch den Vorsitz des Vereins übernahm, war selbstverständlich. Schon bald nach der Wiedergründung zählte man 100 Vereinsmitglieder und heutzutage ist man stolz, die 500er-Grenze (die BBL-Bessunger werden zum


































































































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